Weihnachten essen wir mittags immer Milchreis. In einer Portion ist eine Mandel versteckt und wer diese findet, bekommt ein kleines Geschenk. Wir lieben diese norwegische Tradition (mein Mann ist Norweger) und daher heiĂt der Milchreis nicht Milchreis sondern Grøt und Weihnachten heiĂt der Milchreis auch Julegrøt.
Was hat das jetzt mit Amygdala zu tun?
Die Amygdala sieht aus wie eine Mandel und hat daher auch ihren Namen erhalten. NatĂźrlich hat sie eine ganz andere Bedeutung als fĂźr ein Geschenk zu sorgen, obwohlâŚ. in gewisser Weise ein wenig â aber dazu mehr weiter unten im Artikel.
Die Amygdala sitzt bei uns im Gehirn und ist Teil des limbischen Systems (der Teil, der fßr unsere Gefßhle verantwortlich ist). Das hat zur Folge, dass man einen schweren Unfall oder andere traumatische Erlebnisse nicht so schnell vergessen wird. Die Amygdala ist fßr die Angst zuständig und ist damit unsere Alarmanlage. Sie bewertet eine Situation und entscheidet, welches Gefßhl richtig und passend ist. Entscheidet sie sich fßr die Angst, dann schickt sie einen Befehl an den Hypothalamus im vegetativen Nervensystem. Die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol werden angeregt und der KÜrper wird in einen Alarmzustand versetzt.
Die Geschichte vom Säbelzahntiger und der Mandel
Die Angst will uns das Leben nicht schwer machen, sie versetzt unseren KÜrper in hÜchste Leistungsfähigkeit. Bei einer Bedrohung ßbernimmt die Amygdala die Steuerung. Bevor der Verstand die Situation bewertet, reagiert die Amygdala. Sie wandelt dann die Energie in Bewegung und bereitet uns auf eine schnelle Flucht oder Gegenwehr vor fßr den bekannten Fluchtreflex (Fight, Flight or Freeze Reflex). Wenn wir uns nicht entscheiden kÜnnen, ob wir fliehen oder kämpfen sollen, dann erstarren wir vor Angst. Wenn dann der Verstand einsetzt, kann es sein, dass man ßber den Schatten, der einen gerade erschreckt hat, lachen kann, da es der eigene war.
Um auf der Flucht einen besseren Durchblick zu haben, ziehen sich die Muskeln durch den Adrenalinschub zusammen und wir haben dadurch weit geĂśffnete Augen. In der Evolution waren Ăngste lebensnotwendig. Menschen, die keine Angst vor gefährlichen Tieren wie der bekannte Säbelzahntiger oder Naturgewalten hatten, starben aus. Daher sichert diese Mandel unser Ăberleben â ein tolles Geschenk! Nun leben wir nicht mehr im Steinzeitalter, wo wir ständig mit lebensbedrohlichen Situationen konfrontiert werden. Daher ist es sinnvoll, dass wir lernen mit der Angst umzugehen.
Was hat das mit dem Lernen zu tun?
Die Amygdala ist mit dem Hippocampus verbunden. Das ist der TĂźrsteher fĂźr das Langzeitgedächtnis. Diese beiden Teile bilden das emotionale Gedächtnis und das ist maĂgeblich fĂźr das Lernen zuständig. Wenn die Amygdala aktiv ist, wir also âAngstâ empfinden, dann konzentrieren sich sämtliche Energien auf die Angst. Ein bisschen âAngstâ hilft uns, denn so sind wir aufmerksam. Zuviel Angst ist dagegen kontraproduktiv. An das Lernen ist nicht mehr zu denken, da fĂźr den Hippocampus keine Energie mehr zur VerfĂźgung steht. Alle Energie zielt nun darauf, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Die Energiereserven werden gebĂźndelt. Puls, Atemfrequenzen werden erhĂśht und die SchweiĂproduktion wird angekurbelt.
Besonders wenn ich in einer mßndlichen Prßfung bin, kann das hinderlich sein, wenn ich vor dem Prßfer sitze und keinen Ton herausbekomme. Oder ich habe mich mit meiner Freundin gestritten, dann fällt mir das Lernen schwer. Ich lese mir zwar die Aufgaben durch, es bleibt aber nichts hängen, da der Hippocampus nicht aktiv ist.
Somit ist es wichtig, beim Lernen fĂźr eine gute entspannte Lernatmosphäre zu sorgen â besonders in dieser Zeit mit Homeschooling, wenig SportmĂśglichkeiten und wenig Ausgleich vom Lernen
Wenn wir unsere Kinder drängen, endlich mit den Hausaufgaben fertig zu werden, dann erzielen wir damit nur das Gegenteil. Es entsteht Stress und dann werden die Klappen dicht gemacht, Dein Kind ist nicht mehr aufnahmebereit und die Hausaufgaben dauern noch länger.
Das hilft, damit die Amygdala ruhig bleibt!
Es gibt einige Sachen, die gegen Angst und Stress helfen, manche kannst Du schnell umsetzen, andere dĂźrfen trainiert werden.
- Deine eigene Stimmung als Mutter hat einen groĂen Einfluss auf Dein Kind. Wenn Du genervt bist und Deine ZĂźndschnur kurz wie das Leben einer Eintagsfliege ist, dann Ăźberträgst Du das auf Dein Kind. Das gleiche gilt auch fĂźr Themen, denen Du ängstlich gegenĂźber stehst. Dein Kind tut nicht, was Du sagst, Dein Kind tut, was Du tust. Daher sei der Leuchtturm fĂźr Dein Kind.
- Mit der Sprache erreichst Du die Amygdala nicht. Daher nehme als Mutter die Angst Deines Kindes Ernst und versuche, sie nicht kleinzureden, indem Du z.B. sagst: Ach, davor brauchst Du keine Angst zu haben. Die GefĂźhle Deines Kindes (und von jeden anderen) sind nicht diskutierbar.
- Da unser Gehirn Verneinungen wie ânichtâ und âkeinâ nicht verarbeiten kann, hilft ein gut gemeintes âDu musst keine Angst habenâ leider nicht. Das einzige, was Dein Kind hĂśrt ist âAngstâ. Und das wolltest Du gerade nicht! Anstelle dessen kannst Du sagen âBleib ruhigâ.
- Unterbrich das Lernen und legt Pausen ein, wenn Dein Kind nicht weiterlernen kann, geht spazieren oder wechselt den Lernort (besonders dann, wenn der bereits mit negativen GefĂźhlen belegt ist).
- Nimm Dein Kind einfach in den Arm. Das Kuschelhormon âOxytocinâ reduziert nachweislich den Stress.
- Entspannungstechniken wie AtemĂźbungen und Traumreisen vermindern ebenfalls den Stress und die Angst.
Ist es nicht toll, was diese kleine Mandel in unserem Gehirn bewirken kann? Beim nächsten Mal werde daran denken, wenn ich Weihnachten die Mandel in meinem Julegrøt finde.
Lassâ die Neugier in Deinen Alltag!
__________________________________
Hast Du Lust auf mehr? Mehr frische und motivierende Tipps rund um das Thema Lernen? Dann hĂźpfâ rein in meinen Newsletter und holâ dir meinen regelmäĂigen Trixi KlĂśnSchnack!